Was macht man, wenn man in einem Haus wohnt, dessen Eigentümer der aktuelle Arbeitgeber ist und man bereits weiß, dass man sehr kurzfristig für diese Person nicht mehr arbeiten will bzw. wird? Man geht auf Haussuche, logisch! Da man ja fast kein Eigenkapital hat und die Anstellungsverhältnisse binnen kürzester Zeit aufgelöst werden, bietet sich dieser Zeitpunkt geradezu an um ein Darlehen aufzunehmen.
Juhu, wir kaufen uns ein Haus, denn bei einer Mietwohnung sind in der Regel nicht genügend Stellplätze für unsere Autos und Motorräder vorhanden. Zu diesem Zeitpunkt waren es nur jeweils 2 Stück.
Objekt gefunden … Okay, es war das Einzige, welches in unser Budget gepasst hat und sich im näheren Umfeld befand. Wenn man überhaupt von einem Budget sprechen konnte. Schließlich standen wir beide kurz davor unsere Arbeitgeber (welches für uns beide der Gleiche war) wechseln zu „dürfen“.
So, erstmal anschauen. Laut Markler kann man sofort einziehen und muss nur ein paar kleine Schönheitsreparaturen machen.
Erste Bestandsaufnahme:


Das Objekt ist ca. 250 Jahre alt. Es hat ein Dach, aber das muss neu eingedeckt werden (zumindest sehen wir das so). Wände hat es auch. Die Wandstärken reichen von fast 1 Meter im Erdgeschoss bis hin zu 10 Zentimetern im Obergeschoss. Dämmung? Nö! Gab es im Mittelalter ja auch nicht. Nagut. Es sind fast überall Fenster drin. Okay. Es hat eine Eingangstür. Nicht schön, dafür passt sie wenigstens auch nicht richtig. Es sind zwei Bäder (wenn man es so nennen will) vorhanden. Es sind zwar alle Versorgungsleitungen existent, aber die Ersteller dieser Lebensadern wurden wahrscheinlich noch mit dem Werktätigen-Abzeichen ausgezeichnet. Alter also völlig unklar. Aber der etwa 2 x 3 Meter große Sicherungskasten mit den Porzellansicherungen hatte schon was Nostalgisches. Wenn man sich lange genug einredet, dass man da was draus machen kann, dann glaubt man es stellenweise sogar. Und wir redeten und redeten und redeten … bis die Scotchflasche alle war…
Nun denn, frisch ans Werk. Mal schauen was die Wände so für Überraschungen für uns parat haben. Vielleicht findet man ja sogar einen Schatz… oder den Grund warum es so feucht ist.
Das Dach macht ein erfahrener Dachdecker. Das ist nix für uns.
Für die Außenarbeiten und die Sanierung der ersten Räume haben wir ebenfalls eine Gruppe Handwerker und die Eltern von Andrea zur Unterstützung dabei. 10 Wochen Zeit für die Sanierung klingt nicht viel, aber da kann man richtig was schaffen (vor allem sich selbst).



Besonders hat uns die Unterstützung einiger Nachbarn beeindruckt, die fast täglich mit schüttelnden Köpfen an unserem Traumschloss vorbei kamen und uns sagten, dass wir bekloppt sind die Schimmelbude gekauft zu haben. Das würden wir nie hinbekommen. Und wir sind doch schön blöd überhaupt Geld dafür bezahlt zu haben. Die Hintergründe dieser missmutigen Haltung sollten uns später noch sehr deutlich bewusst werden! Für´s Erste haben wir das gemacht, was wir am Besten in solchen Fällen tun konnten. Ignorieren, in Gedanken den Mittelfinger zum Himmel strecken und für uns beschließen: EUCH ZEIGEN WIR ES!
Tag 1, 7:00 Uhr Baubeginn. 7.15 Uhr erster Spatenstich um die Trockenlegung des Hauses zu gewährleisten … Gleich ein Volltreffer. Nachbarns sollten eh nicht so viel im Internet surfen und mal telefonisch nicht erreichbar zu sein soll auch entspannend wirken. Ja, wir haben die Telefonleitung trotz Beachtung der Leitungspläne voll getroffen. Blöd wenn die Kabel nicht da liegen wo sie eingezeichnet sind. Das kann ja lustig werden. Nicht mal eine halbe Stunde was unsere Sanierung bisher andauert und schon so ein Spaß.
Derartig reizvolle Erlebnisse sollten in den kommenden Wochen noch ausreichend folgen, damit wir uns der Fehlentscheidung unseres Erwerbs und dem Erfahrungsschatz der Nachbarn beugen mögen. Aber wir beugen uns nicht. Dafür haben wir es alle viel zu sehr mit dem Rücken.
Es ist uns innerhalb der geplanten Zeit von 2,5 Monaten tatsächlich gelungen die Immobile grundständig zu sanieren und trocken zu bekommen. Wir konnten einziehen und uns in den folgenden Jahren dem weiteren Innenausbau widmen.

Es ist etwas richtig Gutes daraus geworden und wenn wir nicht ausgewandert wären, dann hätten wir die letzten Feinheiten auch noch gemacht.






So musste das Erdgeschoß eben seinen morbiden Charme behalten als wir das Haus verkauft haben. Aber wir haben etwas viel Wichtigeres geschafft. Die Grundstücksgrenzen waren nämlich das gravierendste Problem und ein Teil der Nachbarschaft ursprünglich zu keiner Lösungsfindung zu bewegen. 3 Monate vor unserem endgültigen Abschied von Deutschland, konnten wir eine Einigung finden, so dass die neuen Eigentümer unseres Hauses keine Probleme haben würden.