An manche Sachen und Gegebenheiten gewöhnt mant sich schneller als an andere. Das ging uns hier nicht anders. Und an manches werden wir uns wahrscheinlich garnicht gewöhnen. Auf einige Sachen möchten wir kurz eingehen, die uns besonders aufgefallen sind.
Everything is bigger in Texas
Das Wichtigste zuerst:
Alle ist größer in Texas. Das betrifft nicht nur die Portionen beim Essen oder die Verpackungsgrößen beim Einkaufen (und damit einhergehend die Klamottengrößen), sondern auch die allgegenwertigen Beflaggungen haben Dimensionen, die man in Deutschland so nicht finden würde.
Englisch
Man geht oft davon aus, dass die Einwohner von Texas Englisch sprechen. Das haben wir zunächst auch gedacht, aber hier gibt es einen großen spanisch sprechenden Bevölkerungsanteil, der teilweise kein Wort Englisch kann. Deshalb ist hier auch fast alles zweisprachig beschildert. Es gibt auch einen durchaus beachtlichen Anteil deutschsprachiger Einwohner und in bestimmten Gebieten wird Texasdeutsch gesprochen. An der Austin High School werden Schulfächer teilweise in Englisch und Spanisch unterrichtet.
Zeitverschiebung
Die Zeitverschiebung von 7 Stunden zu Deutschland bereitet auch nach einem Jahr manchmal Probleme und es kommt gelegentlich vor, das wir Leute anrufen, die schon tief und fest schlafen. Das ist keine böse Absicht (na gut manchmal vielleicht schon), aber wenn hier mittags die Sonne scheint denkt man da einfach nicht dran. Aber auch wir bekommen ab und zu nächtliche Anrufe, wenn in Europa Mittag ist und bei uns nachts 7 Stunden früher.
Digitale Unterschrift und Wohnungspreise
In einem sehr wichtigen Punkt sind die Amerikaner den Europäern einen großen Schritt voraus. Als wir unseren Mietvertrag unterschreiben sollten, war es nicht notwendig vor Ort zu sein, sondern es wurde alles online erledigt. Vergleichbare Maßnahmen bestehen auch bei der Bankkontoeröffnung oder der Aktualisierung. Man fühlt sich da manchmal etwas unsicher, aber hier ist das die normalste Sache der Welt.
Die Mietpreise sind hier im Übrigen extrem hoch. Selbiges gilt für die Kaufpreise beim Erwerb einer Immobile. Für eine einigermaßen anständige Mietwohnung in einer vernünftigen Wohngegend mit 3 Zimmern legt man hier locker mindestens 1.300 Dollar pro Monat und zuzüglich Nebenkosten hin. Beim Hauskauf kommt man hier nicht unter 400.000 Dollar an gescheite Objekte. Aber dafür wohnt man dann auch in einem angenehmen Klima mit wunderschöner Landschaft und gescheiter Schulversorgung (die spielt hier bei der Wahl der Wohngegend eine entscheidende Rolle).
Währung
Das die Währung hier eine andere ist als in Europa war uns bewusst, aber dennoch fiel es in der Anfangszeit schwer ein Gefühl für teuer oder billig zu bekommen, da der Wechselkurs doch einigen Schwankungen unterliegt. Und die Umrechnung bei Kursen zwischen 1,09 bis 1,20 Dollar für 1 Euro strapaziert das Kopfrechnen (besonders bei Centprodukten) doch arg. Irgendwann haben wir dann einfach alles 1:1 genommen und nach einer gewissen Zeit lernt man die Preise zu beurteilen. Auch das hier alles ohne Steuer ausgewiesen ist war zunächst gewöhnungsbedürftig.
Aber was wirklich sehr angenehm ist sind die Öffnungszeiten der Geschäfte. Wenn es dir am Sonntagmittag oder abends um 23:00 Uhr in den Sinn kommt den Wocheneinkauf zu erledigen, stellt das kein Problem dar. Damit sind auch gelegentliche Schlechtwetterperioden problemlos zu überbrücken in dem man eben für solch einen Tag die Planung auf Shoppingday umstellt.
Elektrik
Die Elektrik ist hier schon sehr gewöhnungsbedürftig (zumindest für deutsche Heimwerkerverhältnisse). Während in Deutschland Kabel via Listerklemmen oder Verlötung verbunden werden, werden hier die Kabel lediglich mit einem Plastekäppchen ineinander verdreht. Eine recht primitive Technik, funktionstüchtig, aber wirkliches Vertrauen haben wir da nicht drin.
Auch die Lichtschalter erinnern uns eher an gute alte DDR-Technik, zumindest was die Optik angeht. Aber die sind hier alle so. Die breiten Schalter, die wir aus Deutschland kennen, bekommt man hier nur über Spezialversender. Im normalen Baumarkt gibt es sowas nicht.
Überhaupt ist Licht ein wichtiges Thema in den meist recht dunklen Zimmern. Da es hier im Sommer sehr lange Heißwetterphasen gibt, sind die Fenster oft recht klein gehalten, damit die Aufheizung der Räume so gering wie möglich ist und die Klimaanlagen nicht an ihre Grenzen kommen. Aber dadurch wirken die Zimmer eben recht dunkel, was gerade in der Zeit der langfristig anhaltenden Stay-at-Home-Order wenig förderlich ist. Wir haben hier Abhilfe durch den Einsatz von massenhaft Tageslichtlampen geschaffen, die ihre Aufgabe sehr gut erfüllen.
Fenster
Apropos Fenster, die gehen nicht wie in Europa nach links oder rechts auf, sondern werden nach oben geschoben. Bei uns sind überall feste Mückengitter installiert, was hier gut und wichtig ist. Es gibt nur einen Nachteil, Den unteren Fensterteil kann man umkippen um die Fenster auch von außen zu putzen. das geht mit den oberen Fensterteilen nicht. Und da wir noch keinen Weg gefunden haben die Fliegengitter zu entfernen ist es uns einfach nicht möglich die oberen Fensterteile von außen zu putzen. Alle die wir bisher gefragt haben wie das hier gemacht wird haben geantwortet… Wir holen uns Fensterputzer. Die kommen dann mit Leitern und putzen die Fenster von außen. Also haben wir beschlossen, wir putzen was geht und den Rest macht der gelegentliche Regen, so!
Freileitungen
Auch das die Strom- und Kommunikationsleitungen hier in den meisten Fällen nicht unterirdisch verlegt sind, sondern als Freileitungen die Haushalte und Unternehmen mit den notwendigen Dienstleistungen versorgen, ist zunächst ein ungewöhnlicher Anblick. Aber einen riesigen Vorteil hat das Ganze … Die zahlreichen Vögel haben entsprechende Möglichkeiten zum Sitzen und Versammeln um dann gezielt Sch…attacken auf vorbeifahrende Autofahrer vorzunehmen.
Kochherde
Viele Haushalte kochen hier mit Gas- oder mit urig anmutenden Elektroherden. Lustig dabei ist, dass selbst neue Herde genauso aussehen wie die Exemplare von vor 30 Jahren. Ceranfelder sind hier eher die Ausnahme.
Schön ist definitiv anders, aber funktionieren tun die Dinger prima. Auch das die Dunstabzugshauben in der Regel keine Abdeckung haben ist für unseren europäisch geprägten Geschmack etwas befremdlich, aber sei es drum. Dafür sind die Kühlschänke alle durchaus ordentlich groß und verfügen über integrierte Eiswürfelspender. Das schöne hier ist, dass die Appartements alle im Normalfall mit kompletten Küchen ausgestattet sind, so dass man keine eigenen Anschaffungen vornehmen muss.
Umweltschutz
Umweltschutz und Recycling werden (zumindest in Austin) großgeschrieben. Selbst die Schulen machen jährlich Projekttage zu diesem Thema und die Studenten müssen passende praktische Projekte umsetzen (siehe beispielsweise private garden project oder bird feeding station project).
In Austin wird auch Mülltrennung praktiziert, auch wenn sie sich etwas von der deutschen Version unterscheidet. Pfandflaschen gibt es in unserer Stadt nicht, aber uns ist bekannt, dass andere Bundesländer ein vergleichbares System besitzen. Hier hätte Austin bzw. Texas eventuell noch Verbesserungspotenzial.
Öl
Öl ist für Texas ein ganz wichtiger Wirtschaftsfaktor. Unzählige Arbeitsplätze hängen an dieser Branche, besonders im Süden. Man kann sicherlich differenzierte Auffassungen über die Nutzung dieser endlichen Ressource haben, aber wir können für uns auch in den neuen Technologien keine ausgereiften Konzepte zur tatsächlichen Nachhaltigkeit erkennen. Ist die hoch beschworene Elektromobilität wirklich besser? Ist die Herstellung von Solarzellen und Batterien wirklich in Gänze betrachtet umweltfreundlicher? Sind Windräder hinsichtlich ihrer Ökobilanz eine wirkliche Alternative? Gesagt wird viel von den Wissenschaftlern und den „Weisen aus Wirtschaft und Politik“ und es werden oft genug Sachen als nachweislich dargestellt, um finanziellen Interessen einen umweltbewussten Anstrich zu verpassen. Dessen Brötchen ich esse … dessen Liedchen ich pfeif!
Papierformat
Aus Deutschland kennen wir ja das Standard-Papierformat A4. Darauf ist alles ausgerichtet (Drucker, Ordner, Klarsichtfolien ect.). Nur blöd, dass man ja doch noch einige alte Unterlagen aufheben muss, die dann hier in keinen Ordner passen, weil sie zu groß sind… Also, beim Auswandern daran denken … Alle Unterlagen in Ordner packen und dann komplett mitnehmen.
Dumm ist nur, wenn aktuell zum Beispiel eine Bank aus Deutschland von uns ein Dokument mit orginaler Unterschrift haben will, dass wir per Email bekommen haben, und wir dieses dann ausgedruckt dorthin schicken und diese Institution dann nicht mit dem Papierformat beim Einscannen klar kommt…
Essen in der High School
Von Deutschland sind wir es gewohnt, dass wir unserer Tochter immer ein Essenspacket für die Schule mitgegeben haben. Es gab zwar auch in den dortigen Schulen eine Kantine, die waren aber sehr übersichtlich und die Auswahl eher dürftig, Man konnte sich auch Mittagessen von einer Großküche anliefern lassen, aber das war eben auch nicht unbedingt der Brüller.
Die Austin High School hat eine riesige Kantine, in der unterschiedliche Gerichte (alle frisch zubereitet und mit gesunden Zutaten) angeboten werden. Manche Studenten lassen sich auch Pizza anliefern. Aber besonders gut finden wir, dass bedürftigen Schülern das Essen kostenlos angeboten wird. Und während der Corona-Pandemie haben alle Schüler einen Anspruch auf kostenfreies Essen gehabt und man konnte selbst entscheiden, ob man darauf zurückkommen möchte.