von Andrea Kuehne:
Da wir oft gefragt werden, ob unser Leben hier nur aus Urlaub und Spass besteht, wollen wir nach 1,5 Jahren in Texas mal etwas dazu berichten. Und um es auch gleich vorweg zu nehmen: Dieser Beitrag beschreibt nur UNSEREN persönlichen Alltag! Der Text sagt nichts aus, wie andere Menschen hier ihr tägliches Leben gestalten. Und ja, zugegeben… ein bisschen leben wir hier irgendwie schon gefühlt im Dauer-Urlaub!
Ja, wie sieht wohl so unser Alltag in Amerika aus?
Kurz gesagt: Nicht viel anders als in Deutschland!
Naja… ein bisschen anders ist es schon…
Aber zunächst erstmal ein paar gewöhnungsbedürftige Spielregeln:
Kalendarisch beginnt die Woche hier mit dem Sonntag und endet am Samstag. Das ändert nichts gross am allgemeinen Leben, aber beeinflusst eben auch manches (z.B. dass man jederzeit zum Einkaufen gehen kann und so). Auch mit den hier üblichen Uhrzeiten muss man sich umgewöhnen: Mitternacht ist 12:00 AM (at morning), dann geht es bis 12:00 PM (past midday) und dann zählt man quasi wieder von vorn – 1:00 PM, 2:00 PM usw. Die sieben Stunden Zeitverschiebung zu Deutschland hatten wir ja schon in einem älteren Post erwähnt.
Der Arbeits-Alltag
Da der gemeine Texaner es eher ruhig angehen lässt und kein Frühaufsteher ist, beginnt der Tag bestenfalls nach 8:00 Uhr morgens. (Also, Schule und Arbeit beginnen frühestens 9:00 Uhr oder eben später, vorher steht man ja im Stau).
Weil sich Matthias‘ Arbeitstag oft an die deutschen Arbeitszeiten anlehnt, beginnt sein Tag manchmal schon 2:00 Uhr nachts (9:00 Uhr morgens, deutsche Zeit), aber im Normalfall auch erst, wenn in Germany schon fast Feierabend ist. Das hat Nachteile (man muss immer abstimmen, wann man mit den Kollegen in Germany telefonieren muss), aber auch einige Vorteile (die Arbeit, die sonst über Nacht liegen bleiben würde und erst am Folgetage bearbeitet werden könnte, ist für die deutschen Kollegen am Morgen erledigt).
Für mich hatte sich in den ersten 1,5 Jahren, aufgrund meines Jobs, ein etwas anderer Wochen- und Tagesrhythmus eingestellt. Klar, waren die Arbeitszeiten – Dienstag bis Samstag, jeweils von 11:00 Uhr bis abends 20:00 Uhr – erstmal für alle eine Umstellung, aber auch dass hatte Vor- und Nachteile. Montags hatte ich also frei und konnte vormittags mit einer Bekannten hier zum Walking gehen und nachmittags Einkauf und Co erledigen, dafür fiel aber der Samstag weg und das Wochenende war auf einen Tag verkürzt, da die anderen beiden ja den Samstag frei hatten, aber Montag wieder mit Job bzw. Schule beschäftigt waren. Auch war Matthias nicht unbedingt begeistert, jetzt für die Zubereitung des Abendessens zuständig zu sein, ich fand es jedenfalls angenehm nicht schon 6:00 Uhr morgens aufstehen zu müssen und den Vormittag entspannt angehen zu können. Im meinem neuen Job hab ich jetzt „normalere“ Arbeitszeiten – mach deinen Job irgendwann zwischen Montag bis Freitag, zwischen 8:00 Uhr und…, bloss nicht mehr als max. 10 Stunden am Tag…, musst halt deine 40 Stunden/Woche rum bekommen…
Das sich unser Homeoffice im Laufe der Corona-Zeit vom Wohnzimmertisch mit einem PC zu einem kompletten Bürobereich mit zwei Arbeitsplätzen mit mehreren Laptops und Monitoren gewandelt hat, kann sich sicher jeder vorstellen… In unserer beider Jobs lief und läuft immer noch alles online: die täglichen Arbeitsaufgaben, Video-Konferenzen und Zoom-Meetings mit Kollegen vom anderen Ende der Welt sind zwischenzeitlich total normaler Alltag.



Celina’s Schul-Alltag „at home“ sah auch etwas anders aus als in der Schule vor Ort, aber dazu gibt es mal noch einen Beitrag unter der Rubrik „Highschool“
Die „normalen“ Dinge des Lebens…
Ansonsten sind die alltäglichen Dinge des Lebens – Haushalt, Einkaufen, Behördengänge usw. – nicht viel anders.
Einkaufen
… kann man quasi rund um die Uhr, 7 Tage die Woche und die Supermärkte sind etwas grösser und umfangreicher als in Europa, but: Everything is bigger in the U.S.
Neulich hatten wir als Erstes das Thema Kaffee: In Deutschland haben wir da nie wirklich drauf geachtet, was wir für Kaffee kaufen (so viel Auswahl gibt es ja nicht, zumindest ist uns das nie aufgefallen) hier muss man sich durch ein riesiges Kaffee-Regal suchen, und in unserem Fall muss es dann schon Austin Blend, Hill County Blend oder Pecan Blend sein (einige unserer regionalen Röstungen, mit bestimmten Geschmacks-Nuancen). Naja, man wird eben verwöhnt mit der Zeit. Milch ist nicht nur Milch, sondern von 0% Fett mit Vitamin A,B,C… bis Bio-Vollmilch, Fleisch ist eben eher Rind als Schwein und natürlich alles in (für unsere Verhältnisse) Grosspackungen. Auch für das von vielen Deutschen hier angeblich vermisste Brot kann man nach etwas Ausprobieren durchaus Alternativen finden.





Wäsche waschen
…ist auch etwas anders. Viele (und vor allem die Deutschen hier) haben natürlich eine eigene Waschmaschine – grössenmässig auch etwas „bigger“ – aber wir nutzen den Waschraum unserer Wohnanlage. Das ist im Vergleich zum Kauf einer Waschmschine plus Trockner für uns weit kostengünstiger und es geht schneller. Die Maschinen sind – wie schon erwähnt – recht gross, und je nach Einstellung ist die Waschladung nach ca. 30-40 Minuten schon fertig. Danach wirft man alles in den Trockner und nach nochmal 45 Minuten ist alles fertig. Wäsche aufhängen ist hier nicht üblich und draussen auch nicht wirklich erlaubt – weil: es sieht ja nicht schön aus (vor allem, weil ja hier vereinzelt Menschen auch etwas „bigger“ sind und dann überlassen wir jetzt mal das Bild vom potenziellen Schlüppi deinem Kopfkino…)


Fernsehen
… ist für den gemeinen Amerikaner auch eine Dauerbeschäftigung. Was in den Wohnzimmern (und eigentlich irgendwie in jedem Zimmer) hängt sind eher Heim-Kinos, als Fernseher, und die Dinger laufen den ganzen Tag … non stop. Meist laufen Nachrichten, Werbung, blah blah… Das haben wir von Anfang an nicht gemacht – war uns zu blöd – und wir haben auch keinen Vertrag über 150 TV-Sender. Filme gucken im normalen TV macht hier eh keinen Sinn, da ja noch weit mehr Werbung eingespielt wird als in Deutschland. Also haben wir uns auch Netflix und dann für Celina noch Disney Plus „geholt“, aber was anfangs so vielversprechend aussah – Filme und Serien – haben wir recht schnell nicht mehr genutzt. Mit Mediatheken könnte man auch deutsches TV gucken, allerdings erwähnt diesbezüglich niemand das von deutschen Sendern genutzte Geo-Blocking (Sendungen, die nur von Deutschland aus geguckt werden können). Naja, warum soll sich auch jemand in den USA einen Reisebericht über z.B. Thüringen angucken, oder einen deutschen Märchenfilm (neee, die Ami’s brauchen keine „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“), oder die Hollywood-Regisseure sollen sich nicht Ideen aus den spannenden, hochanspruchsvollen Tatort-Folgen holen… Es wird schon ein Sinn dahinter stecken! Inywischen haben wir aber auch hierzu eine Option gefunden, wir bevorzugen es jedoch, die Kiste weitgehend aus zu lassen und lieber abends auf dem Balkon zu sitzen oder an unserem Blog zu schreiben…



Wohnen
… tun wir in einem 3-Zimmer-Appartement in einer sogenannten Community. Das ist keine Hippie-Kommune, sondern so werden hier die Wohnablagen genannt, und dies umfasst mehrere Mehrfamilien-Häuser mit zugehörigen Nebenanlagen wie Pool, Hunde-Platz, Gym (Fitnessraum), Laundry (Waschraum), Office (Hausverwaltung – wohnt vor Ort und es ist immer jemand im Büro da). Ein Haus – wie es der gemeine Amerikaner sein Eigen nennt – werden wir uns wohl hier in Austin trotz realativ gutem Einkommen die nächsten Jahre nicht leisten können (der aktuelle Kaufpreis einer einigermaßen ordentlichen Wohnimmobilie liegt bei 500.000,- $ aufwärts).






Unsere beschauliche Bude in den West Oak Hills hat 885 square feet (ca. 92 qm), ein grosses, offenes Wohnzimmer mit offenem Kamin (unser Homeoffice haben wir etwas abgeteilt), 2 Schlafzimmer (jedes mit eigenem Bad und – logisch – begehbarem Kleiderschrank), eine offene Küche und einen Balkon mit Ausblick auf den Pool. Die Miete ist mit ca. 1.300 $ recht sportlich, aber für hiesige Verhältnisse eher niedrig. Die Ausstattung – also Küchen- und Badmöbel – sind etwas „überholungsbedürftig“ aber noch ok (diese sind grundsätzlich in einer Wohnung drin, muss man also nicht selber kaufen). Wir empfinden die Wohnungen hier als relativ dunkel, da die Fenster nicht sonderlich gross sind, allerdings ist man im Sommer auch eher froh, wenn die Hitze draussen bleibt. Heizung, Warmwasser und Klimaanlage laufen grundsätzlich auf Elektro-Basis, unsere Möbel sind eher schlicht und modern – jaaa, und teilweise von IKEA (amerikanische Möbel sind uns zu massiv und spiessig) und da wir ja recht kreativ sind, basteln wir uns eh alles so hin wie wir es wollen.



So wohnen wir aktuell


So unterschiedlich die Nachbarn auch sind: jeder ist nett und freundlich und so ziemlich jeder hat einen Hund (wir sind da ohne Haustier wohl hier die Ausnahme). Auch haben wir die Natur (den Nichols Park und Violet Crown Trail nämlich) quasi direkt vor der Haustür. Da kann es auch schon mal passieren, dass mal ein Reh über die Wiese läuft, was dann nachts von den Kojoten gejagd bzw. gefressen wird und am Morgen in Einzelteilen auf dem Parkplatz rum liegt, oder die Hasen sitzen im Garten, Waschbären sitzen um die Kompost-Anlage oder eine Schlange verirrt sich auf eine Terrasse und die diversesten Piepmätze tummeln sich an unserer Vogelfutter-Selbstbau-Station.
Das einzige, was wir gerne noch hätten wäre ein kleiner Garten, aber da wir nicht im Erdgeschoss wohnen ist das eher schwierig. Dafür ist aber unser Balkon inzwischen ein kleines botanisches Biotop. Sowas wie „Schrebergärten“ gibt es hier leider nicht wirklich.



in der Nachbarschaft


Feiertage
… gibt es hier weit weniger als in Deutschland. Die USA hat sieben „wichtige“ Feiertage im Jahr, an denen mehr oder weniger „arbeitsfrei“ ist. Das Gute ist: fällt ein Public Holiday auf eine Sonntag, dann hat man dafür den darauf folgenden Montag frei, damit man auch wirklich etwas davon hat. Man sollte sich allerdings auf einen Feiertag immer etwas vorbereiten, sonst kann man schon mal etwas unangenehm überrascht werden, denn auch hier machen dann schon mal die Geschäfte zu (oder zeitiger zu), oder Hotels, Restaurants, Strände, Parks usw. sind total überfüllt.
Die Feiertage verbringen die meisten Amerikaner häufig im Kreise von Familie oder Freunden. Im Garten wird nicht einfach nur mit 2-3 Leuten gegrillt, sondern ein BBQ mit vielen Gästen (und noch mehr Essen) abgehalten, die Familien fahren mit ihren „kleinen“ Wohnmobilen (die manchem deutschen Eigenheimbesitzer vor Neid erblassen lassen würden) in die State Parks, oft gibt es Paraden, Live-Events mit Musik und Party und Feuerwerke… Alles etwas anders, gewöhnungsbedürftig und sicherlich nicht jedermanns Sache…



Soooo… soweit erstmal bis hierher.
Mir fallen bestimmt noch ein paar andere Alltags-Themen ein, z.B. Auto fahren, Autos reparieren lassen, Freizeit-Aktivitäten… Aber darüber werde ich mal in einem nächsten Beitrag berichten…