Wir Germans sind ja geprägt von Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit, Termineinhaltung etc. Hat ja auch sein Gutes genau zu wissen, wann man wo hinmuss, wieviel Zeit man zum Fahren und für den eigentlichen „Termin“ benötigt und wie sich so der Tag, die Woche oder der Monat gestaltet. Nun ist das ein Thema, womit wir nach 4,5 Jahren in den USA immer noch ein paar Eingewöhnungs-Problemchen haben. Drum hier mal wieder ein kurzer Einblick zum Schmunzeln in unseren amerikanischen Alltag.
In den ersten beiden Jahren hier war uns die Thematik „Termine und deren Einhaltung“ noch nicht so bewusst und als ordentliche Deutsche waren wir immer pünktlich, z.B. beim DMV für die Führerschein-Bearbeitung, Celina an der High School oder auch pünktlich bei der Arbeit. Dann kam Covid 19 und da sich das Leben zu 95% in den häuslichen 4 Wänden abspielte hatte man ja quasi auch keine Termine.
In 2021, als das „Leben draußen“ wieder begann, lernten wir die ersten Hürden in Sachen Terminplanung während Celinas Foto-Praktikum. Nun haben wir es damals noch darauf geschoben, dass die Fotografin „im mittleren Alter“ mit ihrer Technik – und vor allem ihrem Terminkalender – überfordert war. Aber das war nur der Anfang. Die gute Dame – nennen wir sie Christa – setzte Termine, verschob sie zwei Minuten später, löschte, machte neue Termine um sie dann wieder zu verschieben, zu löschen oder kurzfristig abzusagen. Einmal hatten wir innerhalb einer Stunde 35 Terminverschiebungs-Emails im Postfach. Kein Wunder, dass da schnell keiner mehr den Durchblick hatte. Wir fuhren dann ein paar Mal die 35 Miles zu ihr um dann mit „Ohhh heute passt es gar nicht“ wieder ab zu fahren. Nun ja, sehr lange hatte das Praktikum ja nicht gedauert.
Ein weiteres heikles Termin-Thema sind hier Arzt-Termine. Gut, im Normalfall wartet man hier nicht 3 bis 6 Monate auf einen Termin. (Ärzte sind verpflichtet innerhalb maximal einer Woche einen Termin zu geben, aber dazu lernten wir später auch mehr). Arzttermine funktionieren im Normalfall ganz gut: du kommst hin, wirst untersucht oder was immer gemacht werden muss und bist gewöhnlich nach spätestens einer Stunde fertig. (lange Wartezeiten gibt es hier im Übrigen auch nicht).
Wenn man aber z.B. mehrere Zwischenschritte in eine Behandlung einschieben muss, dann kommt es schon vor das du zwar pünktlich da bist, sich aber dann herausstellt, dass der Termin gar nicht eingetragen ist, dass du vergessen wirst im Wartezimmer oder es dauert mal eben 3-4 Stunden wo eine Stunde geplant war. Tja, aber Stress macht sich diesbezüglich keiner hier. Auch im normalen Schul- und Arbeitsleben sind Termine alles, nur nicht fest und planbar. Bei der Arbeit werden Meetings gerne kurzfristig angesetzt, verschoben, abgesagt… also Tagesplanung oder Wochenplanung braucht man eigentlich gar nicht versuchen. Auf Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit braucht man hier definitiv nicht zu setzen. Dies lernte besonders Celina mit ihren Studien-Kommilitonen, z.B. wenn das Fotostudio für ein Projekt „reserviert“ ist und dann keiner kommt. Nun ja, halt alles etwas „anders“ hier… und für uns immer noch sehr fragwürdig. Bei Urlauben sehen wir das etwas anders – da macht Planlosigkeit für uns einen Sinn.
Nun scheint aber speziell dieser April 2024 der Terminverschiebemonat schlechthin zu sein (und wir haben erst Mitte April…). Los ging es mit einem Zahnarzt-Termin wo es plötzlich hieß: Sorry, wir müssen den Termin verlegen, weil der Doktor unerwartet und spontan nicht mehr da war. Also ok, vorgeplante Out-of-Office-Zeit auch mal wieder verschoben. Der Ausweich-Termin mit dem anderen Arzt verlief dann ganz gut, dauerte aber über 3 Stunden anstatt der geplanten einen Stunde. Und dann kam „die Total Eclipse“ – also der Tag der totalen Sonnenfinsternis – der Tag an dem hier die Welt still zu stehen drohte, obwohl das „Ereignis“ ja eigentlich nur ca. 15 Minuten dauerte und gegen 13:30 Uhr stattfand. Alles, aber auch alles wurde hier abgesagt: unser Steuerberatertermin war plötzlich im Kalender verschwunden, Celina brauchte nicht in die Uni, Andreas Zahnarzttermin für späten Nachmittag wurde auch kurzfristig abgesagt und bis auf weiteres verschoben. Nun gut … bleiben wir halt zu Hause und planen den Steuer-Termin eben für den Freitag früh, damit er dann am Donnerstagabend auf Samstag um 10:00 Uhr verlegt wurde um schließlich Samstagmittag um 12:00 Uhr bei der Dame am Tisch zu sitzen. Außerdem waren noch ein paar Foto-Sessions für die April-Wochenenden geplant, die auch jeweils kurzfristig abgesagt und verschoben wurden oder aus Uni-Hausaufgaben-Zeitmangel ausfallen mussten.
Samstag der 20. April 2024 scheint in diesem Jahr auch der beliebteste Tag des Jahres zu sein. Was an dem Tag alles „geplant“ ist – also gefühlt alle Veranstaltungen, Foto-Termine, Abgabetermine für die Uni – sind parallel am 20. April „vorgesehen. Da weiß man dann wieder nicht, was man zuerst und überhaupt machen soll, um nicht selbst in die Absage-Maschinerie zu rutschen.
Tja, und so gehen die Tage, Wochen und Monate so schnell und chaotisch dahin, dass man sich oft am Ende des Monats kaum noch an den Anfang erinnern kann. Celinas erstes Studienjahr an der Uni ist schon am 8. Mai 2024 vorbei, unsere Greencard hat am 16. April „Halbzeit“ (also gültig seit 5 Jahren) und das einerseits relaxtere und gleichzeitig aber schnelllebigere Leben hier in Amerika macht auch vor uns nicht halt. Und auch wenn wir lieber Termine fest planen würden, sind uns eigentlich auch nur die interessantesten „Termine“ wirklich wichtig: Feiertage, lange Wochenende und Ferien für die Urlaubs[nicht]planung :-). Aber gerade diese Termine braucht man zum Glück nicht planen, weil sie ja fix sind.


