Eigentlich macht es ja fast keinen Unterschied, ob man in Deutschland oder in Texas lebt. Okay, richtiger wäre eigentlich der Vergleich, ob man in Thüringen oder in Texas lebt. Wir reden ja von Bundesländern bzw. Bundesstaaten. Alternativ müsste man Deutschland mit den ganzen USA vergleichen, was auf Grund der Größenunterschiede keinen Sinn ergeben würde. Auch wenn aktuell derartige Vergleiche zur Beurteilung statistischer Ergebnisse allzu gern herangezogen werden. Lediglich das Wetter, die Menschen, die Lebensgewohnheiten, die Ausbildung, die Einstellung zum Leben, der Umgang mit anderen Menschen, die sozialen Bedingungen, das Essen, die Freizeitgestaltung, die Autos, die Landschaft … Na gut, es macht einen Unterschied. Und auch politisch gibt es durchaus signifikante Abweichungen in die eine oder andere Richtung.
Wie kommt man aber auf die Idee nach Austin, TX in den USA zu ziehen um dort seinen zukünftigen Lebensmittelpunkt zu finden?
Warum entscheidet man sich zu einem solchen Schritt und gibt alles in der vertrauten Umgebung auf?
Was will man in dem fremden Land, obwohl doch in Deutschland alles schöner und besser sein soll?
Und der deutschen Sprache sind hier auch nicht alle Menschen mächtig!
Die Antworten sind ganz einfach -> Ein kalter Abend in Deutschland mit mehr als unangenehmem Wetter zzgl. aufgezwungenen Problemen, deren Verantwortung nicht bei einem selbst zu suchen sind (nachweislich!). Weiterhin möge man sich gerade bei der Komplettsanierung seiner Immobilie befinden und kein Ende in Sicht sein. Dazu nehme man einen PC mit Internetanschluss, eine gute Flasche Jack (wahlweise gehen auch Jonny oder Jim) und etwas schlechtes Fernsehprogramm, was ja zur Genüge vorhanden sein sollte und zu Fernweh führen muss. Man komme dann auf die blöde Idee bei der Greencard Lottery mitzumachen, ohne zu wissen, was dies unter Umständen bedeutet. Und da war dieses Lied, welches uns nicht aus den Köpfen gehen wollte. Die Tiefsinnigkeit und Botschaft haben uns beim ersten Hören derart Emotional beeinflusst und die Frage aufgeworfen „Gibt es da noch mehr im Leben?“. Das Lied ist von Nick P. und heißt Berlin. Ansonsten ist es im Übrigen sehr hilfreich, wenn man vorher noch nie in den USA war, da es die Bizarrheit der Unternehmung noch unterstreicht. Am besten macht man das über eine Agentur (in unserem Fall TAD) und sagt seiner Frau erst am Folgetag, dass sie Teilnehmerin ist. Dann gehe man leicht beduselt ins Bett um in den folgenden Monaten seiner normalen Tätigkeit nachzugehen. Und dann wartet man…
Wenn man lange genug gewartet hat, verdränge man den Gedanken als Gewinner gezogen zu werden und konzentriere sich auf seine tägliche Arbeit … bis die Nachricht kommt, dass die geliebte Ehefrau bei der Greencard-Lottery gezogen wurde, Urgs… und nun?
Nun zögere man etwas, ob es eine gute Idee war da mitzumachen (Streitgespräche mit der Gewinnerin sollten und dürfen selbstverständlich geführt werden) und dann fülle man schlussendlich doch alle Unterlagen aus und reiche Sie ein um einen Termin zum Interview im US Konsulat zu bekommen. Aber wichtig ist, dass man sich zwischenzeitlich eine US-Flagge kauft und selbige auf dem eigenen Grundstück hisst, damit die Nachbarn auch Ihre fragwürdigen Gesichter aufsetzen können. Wäre ja sonst langweilig…
Jetzt bereite man sich intensiv auf den Konsulatstermin vor, beantrage bei der Hausbank eine englische Aufstellung über das vorhandene Vermögen (welches man dann erst nach mehrfachem Nachfragen am Vortag des Termins beim Konsulat bekommt, weil es die Bank vergessen hat zu erstellen), mache vorher selbstverständlich seine medizinischen Untersuchungen und Impfungen, und komme dann am Tag des Interviews natürlich zu spät… Aber die Mitarbeiter dort sind äußerst nett und hilfsbereit und haben sogar Verständnis für Chaoten wie uns. Nun beantworte man alle Fragen (natürlich Fragen, auf die man nicht vorbereitet war) und gehe dann mit einem „YOUR VISA ARE APPROVED“ erleichtert und nervlich völlig verstört aus dem Konsulat zum nächsten Restaurant „Zur goldenen Möve“ ala Mc Donalds…
Dann buche man einen Flug nach NY, weil man – oder besser gesagt Frau – ja unbedingt dort seine Immigration machen möchte, und stelle sich nach einem 7 stündigen Flug 4 Stunden in der hoffentlich richtigen Schlange an.
Nach dem man nun nochmal alle Fragen beantwortet hat (insbesondere wie viele Zigaretten man dabei hat) kann man nun freudig die Vereinigten Staaten von Amerika betreten… und sein Taxi suchen, was man für vor 2 Stunden bestellt hatte… Aber es war noch da! Es war zwar nicht gelb, aber dafür ein Maserati. Cool … und damit wird man nun durch NY gefahren.
Nach ausgiebigen Besuchen in NY und Washington (hier mehr dazu Immigration in New York und Washington) fliegt man mit einem guten Gefühl nach Deutschland zurück und weiss genau wo man leben möchte. Und zwar exakt in … naja … Amerika irgendwo…dort…
Also Urlaub für den Sommer buchen um den richtigen Platz zu finden. Aber wo ist der? Florida oder Washington, LA oder San Franzisco? Mal Google fragen… Antwort von Google nach einem der besten Plätze zum Leben in den USA… Austin! Ja auf nach Austin, aber wo ist das? Google sagt, dass ist die Hauptstadt von Texas. Okay, wieder was gelernt. Bisher dachten wir Houston oder Dallas ist die Hauptstadt, aber Austin haben wir noch nie gehört. Egal, auf nach Texas! Das ist ja das Land, wo die Cowboys durch Steppenlandschaften und Wüsten reiten. Das Land mit den Indianern und Kakteen. Das wird spannend!
Landung in Houston (da konnten wir mit einem A380 hinfliegen).
Immigration, naja … es war der 04. Juli – Independence Day. Nicht optimal um auf hochmotivierte Beamte zu treffen, aber wir haben dann doch unseren Stempel im Reisepass bekommen (komischerweise 04. Juni?). Egal … auf geht es!
Erste Fahrt von Houston nach San Antonio und dann nach Austin. Ähm, wieso ist das so grün hier? Wer hat die ganzen Wälder und grünen Wiesen hier hin gemacht? Karl May hat uns belogen! Nix Steppe oder Wüste… aber hübsch…
Weiter nach Waco und über die Route66 nach Amarillo und dann mal Nachbarstaaten besuchen … Oklahoma, New Mexico, Utah, Arizona und Colorado. Viel gesehen und gelernt! Dann wieder ganz entspannt nach Houston zum Flughafen. Nur der Stau war blöd, denn wir sind am Flughafen angekommen und der Lufthansaschalter war schon geschlossen. Man hat uns aber (leider) doch wieder mit nach Frankfurt genommen… (einen ausführlichen Reisebericht findet ihr unter Sommerurlaub in Amerika)
So, und nun? Okay, das mit Austin muss geprüft werden! Also lasse man seine Frau den Job kündigen, für 4 Wochen nach Austin fliegen zum Prüfen und ggf. Vorbereiten des Umzugs und bleibe selbst in der deutschen Provinz zurück um sich mit der Schule des Kindes über den Abschlussball des nicht angestrebten Abschlusses auseinander zu setzten. Auch möge die Angetraute das Thema Bankkonten und Schule für den weiblichen Nachwuchs eruieren und nach Möglichkeit verbindlich festzurren… Es ist von Vorteil, wenn man eine Frau hat, die das kann… (und die schon mal eine Zeit lang in den USA war). Wenn sie darüber hinaus auch nicht drum herumkommt neue Freundschaften vor Ort zu knüpfen, dann möge man damit zurechtkommen.
Anmerkung: Es gibt Arbeitgeber, die derartige Entscheidungen zur Verlegung des Lebensmittelpunktes nicht unbedingt mit Freude teilen, sondern durch ihre teilqualifizierte Äußerungen versuchen Personen zu beeinflussen. Nicht’s drauf geben… verbitterten Menschen kann man auch so nicht helfen. Aber es sind ja nicht alle so… Auch sei darauf hingewiesen, dass die Agentur für Arbeit eine Kündigung wegen der Verlegung des Lebensmittelpunktes in die USA nicht als Grund akzeptiert und die betroffene Person mit einer Sperrzeit belegt. Man hat ja nur viele Jahre in die entsprechenden Absicherungsinstrumente einbezahlt. Ja nee ist klar… Nur gut, dass andere Personen das Geld auch so bekommen. Aber egal, danke für nix!
An dieser Stelle sei auch mal unser herzlichster Dank an alle Menschen ausgesprochen, die uns mit Ihrem kompetenten Insiderwissen aus Rundfunk und Fernsehen versucht haben dieses Vorhaben auszureden!
Wenn nun die Ehefrau und Mutter nach gefühlter Ewigkeit wieder im Longhorn T-Shirt und Westernstiefeln die heimischen Gefilde betritt und bestätigt, dass es offensichtlich ganz nett in der gewählten Region ist, dann hast Du keine Wahl! Du musst für dich selbst erkennen, dass die grundsätzliche Idee vielleicht doch nicht ganz blöd war und es nun an der Zeit ist den verbleibenden Hausstand in monetäres Vermögen umzuwandeln.
Nun gut, dann wird es eben so gemacht! Es wird Alles verkauft. Man hat eh viel zu viel Zeug. Und eines können wir versichern … Man wird fast nichts vermissen!
So, next step! Fly back to Austin… Und diesmal per Direktflug!
Ankunft in Austin…
Eine nette „Klein“-Stadt, aber Capital of Texas. So sweet… ca. 1 Million Einwohner, Firmensitze von Apple, Facebook, Google & Co… niedliche Strassenknödel… viel Grün, Kultur und Leben… und ganz viel zu entdecken!
Nun sind wir da (jeder von uns mit 2 vollen Koffern und sonst nichts).
Wir haben kein Geld, kein Auto, keinen Plan, aber das Wetter ist schön und wir haben eine Wohnung… irgendwo (und im Hotel war das Klo verstopft). Also beste Voraussetzungen um einen Start ins neue Leben zu wagen!